Bundeskartellamt verabschiedet Bußgeldleitlinien
26.09.2006
Das Bundeskartellamt hat heute Leitlinien über die Festsetzung von Geldbußen veröffentlicht. Durch die 7. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen im Juli 2005 wurde der Bußgeldrahmen für Verstöße gegen das Kartellrecht auf bis zu 1 Million € angehoben. Zudem können bestimmte Verstöße mit einem Bußgeld von bis zu 10% des Gesamtumsatzes bebußt werden. Damit wurde das deutsche Recht an europäisches Recht angeglichen und der alte Bußgeldrahmen abgeschafft, der als Höchstgrenze den dreifachen durch das Kartell erwirtschafteten Mehrerlös festsetzte.
Die Bußgeldleitlinien konkretisieren, wie das Bundeskartellamt die neuen Bußgeldvorschriften in Zukunft anwenden wird. Das Bundeskartellamt orientiert sich in seinen Leitlinien an der Praxis des Europäischen Gerichtshofs und der Kommission. Vor Inkrafttreten der GWB-Novelle waren die durch das Bundeskartellamt verhängten Bußgelder bereits aufgrund des anzuwendenden Rechts deutlich niedriger als die von der Kommission verhängten Bußgelder. Mit der Neuregelung des GWB sind Unterschiede der möglichen Höchstgrenze eines Bußgeldes im deutschen und europäischen Kartellrecht weggefallen.
Ausgangspunkt für die Bemessung des Bußgeldes ist der sog. Grundbetrag. Der Grundbetrag kann bis zu 30% des Umsatzes betragen, den die Unternehmen mit den Produkten oder Dienstleistungen erzielt haben, die mit dem Kartellrechtsverstoß in Zusammenhang stehen. Diese Regelung ist mit derjenigen der europäischen Bußgeldleitlinien identisch. Die genaue Höhe des Grundbetrags bemisst sich dabei nach der Schwere und Dauer des Verstoßes. In einem zweiten Schritt wird der Endbetrag ermittelt. Das geschieht, indem der
Grundbetrag unter Berücksichtigung erschwerender und mildernder Umstände – nach oben oder unten – modifiziert wird. Möglich ist auch der Erlass bzw. die Reduktion der Geldbuße, wenn das an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen zugleich Antragssteller eines Bonusantrages ist.
Die Bußgeldleitlinien enthalten im Übrigen u.a. folgende Regelungen:
• Die Leitlinien erfassen neben horizontalen und vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen sowie einseitigem wettbewerbswidrigen Verhalten (Missbrauch, Behinderung, Boykott, etc.) auch Verstöße im Bereich der Fusionskontrolle.
• Bei Preis-, Quoten-, Gebietskartellen und Kundenabsprachen sowie ähnlich schwerwiegenden horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen liegt der Grundbetrag in der Regel im oberen Bereich des höchst möglichen Grundbetrages.
• Zum Zwecke der Abschreckung kann der Grundbetrag um bis zu 100% erhöht wer-den.
• Bei der Berechnung der Höchstgrenze von 10 % des Gesamtumsatzes eines Unternehmens berücksichtigt das Bundeskartellamt die Umsätze von miteinander verbundenen Unternehmen.
Kartellamtspräsident Böge: „Mit den Bußgeldleitlinien will das Bundeskartellamt weiter zur Rechtssicherheit beitragen, indem es klarstellt, wie es zukünftig Zuwiderhandlungen gegen das Kartellrecht sanktionieren wird. Die Leitlinien sollen aber auch verdeutlichen, dass sich Kartellabsprachen immer weniger lohnen, denn die Unternehmen müssen nunmehr davon ausgehen, dass das Bundeskartellamt seine Bußgeldpraxis an die europäische Regelung angleicht und in Zukunft sehr viel höhere Geldbußen verhängen wird. Darüber hinaus führten das Netzwerk der europäischen Wettbewerbsbehörden und die Bonusregelung zu einer höheren Aufdeckungsquote von unzulässigen Absprachen. Wenn Unternehmen ferner die gesetzlichen Verschärfungen beim Schadensersatz berücksichtigen, sollten sie eine Erkenntnis für sich ziehen: Weg von Kartellabsprachen, sie sind zu risikoreich geworden und können teuer zu stehen kommen. “